Alles begann an einem kalten Jännerabend am Wörthersee: Auf Einladung des Vereins ZUGänglicheKUNST präsentierten Jugendliche der Modeabteilung der WI’MO Klagenfurt eigene Kreationen am Pörtschacher Bahnhof der Öffentlichkeit. Mittendrin auch die Oberkärntnerin Reinhild Wendl, die bereits vor Jahren eine Schneiderschule in Tansania ins Leben gerufen hat. Rasch war die Idee geboren, Praxiserfahrungen in Ostafrika zu sammeln. „Meine Mutter hat gleich gesagt, es gebe keine Ausrede, ich sollte das unbedingt machen“, erinnert sich Kim Taferner, die sich mit ihren Klassenkolleginnen Alicia Bambgala und Marie Pirolt auf das Abenteuer einließ. „Auch Edith Posch als Fachvorständin für Mode an der WI‘MO hat uns sehr ermutigt.“
Ende Juni ging es für das Trio aus Feldkirchen, Liebenfels und Klagenfurt tatsächlich ins 6.000 Kilometer entfernte Momella am Rande des Arusha National Parks in den afrikanischen Winter. Bambgala: „Es hatte zwar 15 bis 20 Grad, kalt war uns trotzdem. Der Wind war eisig.“ Auch ansonsten gab es einige Hürden zu nehmen – Gekkos im Zimmer, kein passender Adapter fürs Smartphone, kein WLAN. Doch die Eingewöhnung gelang flott. Bambgala: „Es war spürbar, dass es für die Menschen vor Ort logisch war, Neulinge sofort zu integrieren. Das Miteinander war sehr natürlich.“
Unterricht mit Hindernissen
Mit den Schülerinnen der örtlichen Schneiderschule arbeitete das Trio an einer eigenen Kollektion, eine Modeschau sollte das Projekt abschließen. Auch Improvisationskunst war notwendig. „Nicht nur das Equipment wie Lineale fehlte, auch die Verständigung war teilweise schwierig. Wir haben mit Händen und Füßen gearbeitet“, erinnert sich Taferner. Bambgala ergänzt schmunzelnd: „Beim Schnittzeichnen spielt auch das Rechnen eine große Rolle, da hatten manche ein paar Probleme.“
Wie sich die 18-Jährigen fühlten, auf einmal selbst in der Lehrerrolle zu sein? „Die Schülerinnen dachten zuerst, wir wären älter. Das hat uns natürlich geholfen“, lacht Pirolt. Tatsächlich waren die angehenden Maturantinnen jünger als manche ihrer Schülerinnen. Dabei wurden auch kulturelle Unterschiede spürbar. Bamgbala: „Auch mit 25 wirkten sie jünger, unbeschwerter, befreiter. Die besondere Offenheit ist uns schon sehr stark ins Auge gesprungen.“
„Pole Pole“ lautet die Devise
Täglich von 9 bis 14 oder 15 Uhr arbeiteten die Kärntnerinnen mit den Schülerinnen vor Ort, danach blieb auch Zeit für Erkundungstouren. Eine Safari stand ebenso am Programm wie eine Wanderung zum Sonnenaufgang. Taferner: „Oft haben wir die Nachmittage aber einfach damit verbracht, mit den Kindern im Waisenhaus zu spielen, Reis sortiert oder Maandazi gekocht.“ Auch die Lebensphilosophie der Einheimischen konnten sie rasch inhalieren. „Pole Pole ist das Motto in vielen Zusammenhängen – nur keinen Stress, auch in schwierigen Situationen.“
Diese Erfahrungen veränderten auch den Blick der drei aufs Leben. „Wir leben natürlich privilegiert. Ein dichtes Dach, fließendes Wasser aus der Leitung – das alles ist für Menschen in Tansania nicht selbstverständlich. Wir haben uns oft gefragt, was die Menschen sich denken würden, würden sie einen Tag bei uns in Österreich leben“, gibt sich Bamgbala nachdenklich. Taferner ergänzt: „Ich weiß nun auch zu schätzen, wie gut unser Schulsystem ist. Bei uns kann jeder etwas aus sich machen. Diese Türen werden den Menschen nicht überall eröffnet.“