Tamara Nadolph zählt zu den besten Baristas des Landes, seit 2022 führt sie Schüler*innen der WI’MO an die Kaffeekunst heran. Für den Anfang Juli erscheinenden Jahresbericht gab Sie uns ein Interview.
Sie sind hauptberufliche Kaffeekünstlerin, wenn man es so formulieren möchte. Wie kam es dazu?
Nadolph: Ganz ehrlich? Es war nie ein Plan – eher eine Leidenschaft, die langsam, aber stetig gewachsen ist. Ich habe mit 21 Jahren das Kaffeehaus meiner Mutter übernommen und durch einen Barista-Workshop habe ich die Liebe zum Kaffee entdeckt.
Mittlerweile sind Sie vierfache Latte-Art-Staatsmeisterin und messen sich mit den Besten der Welt. Worauf kommt es bei den Wettkämpfen an?
Nadolph: Präzision, Kontrolle, Kreativität und starke Nerven. In nur wenigen Minuten musst du dein ganzes Können abrufen. Der Milchschaum muss perfekt sein, das Muster symmetrisch, kontrastreich und sauber gegossen. Und gleichzeitig darfst du nie aufhören zu lächeln, denn die Judges sollen sich ja wohl fühlen während deiner Performance.
Seit drei Jahren geben Sie Ihr Wissen an die Schüler*innen der WI’MO weiter. Was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?
Nadolph: Ich möchte Begeisterung wecken und zeigen, dass Kaffee mehr ist als „nur“ ein Getränk. Es geht darum Qualität zu erkennen, Geduld zu entwickeln und auch Stolz auf das sein, was man mit den eigenen Händen schafft.
Was blieb Ihnen besonders in Erinnerung?
Nadolph: Mich überrascht immer wieder, wie schnell junge Menschen lernen – wenn sie motiviert sind. Meine „Barista-Girls“ aus dem letzten Schuljahr waren alle so wissbegierig und so motiviert bei der Latte Art und am Ende haben alle die Barista-Prüfung bestanden.
Welche Techniken sollte man auch für seinen Kaffee daheim anwenden?
Nadolph: Wichtig sind: frischer Kaffee, gutes Wasser und eine gereinigte Maschine! Für den perfekten Espresso sollte man 8-12 Gramm Kaffeemehl fein mahlen, gleichmäßig tampen, die Wassertemperatur sollte 88-94°C haben, die Menge des Espressos sollte ca. 30ml sein und die Durchlaufzeit sollte zwischen 20 und 30 Sekunden betragen.
Österreich ist zwar nicht Italien, aber besitzt auch eine ausgeprägte Kaffee(haus-)kultur. Wie hat sich diese in den letzten Jahren verändert? Anstelle von Rauchercafés traten Hafermilch & Co.
Nadolph: Heute gibt es eine neue Generation von Kaffeehäusern die, sogenannten Third Wave Coffee Shops. Kaffeetrinker*innen interessieren sich für die Herkunft, Röstung und Zubereitung. Hafermilch, Flat white und Filterkaffee – das alles war vor zehn Jahren noch kaum Thema. Die Szene ist bewusster, diverser und experimentierfreudiger geworden.
Eine Studie aus dem Jahr 2023 hat gezeigt, dass der Eintritt ins Arbeitsleben den Kaffeekonsum signifikant steigert. Benötigen wir den Kaffee zum Durchhalten oder für den zwischenmenschlichen Austausch?
Nadolph: Beides. Kaffee ist ein soziales Ritual – er bringt Menschen zusammen. Im Arbeitsalltag ist er ein kleiner Helfer und Energie-Booster. Der entscheidende Punkt ist, man muss ihn nicht nur trinken, man darf ihn auch genießen, als kleine Auszeit im Alltag.
Welchen Kaffee bevorzugen Sie selbst – und was geht gar nicht?
Nadolph: In der Früh liebe ich einen Flat white, am liebsten mit einem fruchtigen Espresso. Während der Arbeit habe ich gerne eine Filterkaffee am liebsten aus der Aeropress. Was gar nicht geht: bitterer, verbrannter Kaffee und Haltbarmilch.